Musiktherapie wirkt, aber niemand ist sich wirklich sicher, wie. Jetzt könnte ein neuartiger Gehirnscan wichtige Erkenntnisse liefern.
Musik ist eine mächtige Sache. In der Tat bildet sie die Grundlage einer Therapieform, der treffend benannten „Musiktherapie“.
Während der Sitzungen versucht ein Musiktherapeut, eine Bindung zu seinem Klienten aufzubauen, um das Wohlbefinden zu steigern und das Selbstvertrauen, die Kommunikationsfähigkeit, die Aufmerksamkeit und das Bewusstsein zu verbessern.
Es gibt verschiedene Arten der Musiktherapie. Einige beinhalten einfach das Hören von entspannender Musik während des Gesprächs. Andere beinhalten das Musizieren mit Instrumenten, was besonders effektiv für Menschen sein kann, die Schwierigkeiten haben, verbal zu kommunizieren.
Eine Art, bekannt als die Bonny-Methode von Guided Imagery and Music (GIM), zielt darauf ab, Gespräche zu erleichtern. Der Therapeut spielt Musik und bittet den Klienten, die Bilder zu beschreiben, die ihm in den Sinn kommen.
Studien haben einen Nutzen der Musiktherapie festgestellt, aber wie sie funktioniert, bleibt unklar.
Ein Team unter der Leitung von zwei Experten der Anglia Ruskin University in Großbritannien – Prof. Jörg Fachner und Clemens Maidhof, Ph.D. – machte sich auf die Suche nach der Antwort. Ihre Ergebnisse erscheinen in der Zeitschrift Grenzen der Psychologie.
Wichtige Momente entdecken
Das Ziel eines Musiktherapeuten ist es, einen „Moment der Veränderung“ zu erreichen, in dem er die Verbindung zu seinem Klienten stärken kann. Therapeuten und Klienten beschreiben oft, sich synchron zu fühlen, und jetzt gibt es Beweise dafür.
In der aktuellen Studie untersuchten die Forscher die Sitzung eines Musiktherapeuten mit einem Klienten mit Hilfe von Hyperscanning – einem Verfahren, das die Gehirnaktivitäten von zwei Personen gleichzeitig aufzeichnen kann.
Die Methode, so Hauptautor Prof. Fachner, „kann die winzigen, sonst nicht wahrnehmbaren Veränderungen, die während der Therapie stattfinden, zeigen.“
Der Therapeut und der Klient trugen EEG-Kappen, um die elektrischen Signale in ihren Gehirnen aufzuzeichnen, und die Sitzung wurde gefilmt. Letztendlich hofften die Forscher, mehr darüber zu erfahren, wie die Personen interagierten.
„Musik, therapeutisch eingesetzt, kann das Wohlbefinden verbessern und Krankheiten wie Angst, Depression, Autismus und Demenz behandeln. Musiktherapeuten mussten sich bisher auf die Reaktion des Patienten verlassen, um zu beurteilen, ob dies funktioniert, aber durch den Einsatz von Hyperscanning können wir genau sehen, was im Gehirn des Patienten passiert“, sagt Prof. Fachner.
Nach Abschluss der Aufnahmen baten die Forscher den Therapeuten, den Klienten und zwei weitere Experten der GIM-Therapie, sich das Video anzusehen und jeweils drei Momente der Veränderung sowie einen unwichtigen Moment zu notieren.
Eine klare Verbindung
Das Team untersuchte die Antworten auf Überschneidungen, um zu sehen, ob es Punkte gab, die für alle vier Teilnehmer von Interesse waren. Ein paar Momente fielen in diese Kategorie.
Mit diesem Wissen untersuchten Prof. Fachner und Maidhof die EEG-Messwerte aus diesen Momenten. Besonderes Augenmerk legten sie dabei auf die Bereiche des Gehirns, die positive und negative Emotionen verarbeiten.
Überraschenderweise kamen sie auf ein Bild, das einen Moment der Veränderung im Gehirn veranschaulicht.
Als das Gehirn des Klienten von negativen auf positive Emotionen umschaltete, zeigte die EEG-Aufzeichnung dies deutlich an. Ein paar Augenblicke später zeigte das Gehirn des Therapeuten genau das gleiche Muster.
Sowohl der Therapeut als auch der Klient identifizierten diesen Moment später als einen Punkt, an dem sie spürten, dass die Sitzung funktionierte. Nicht nur ihre Gedanken waren synchron, sondern auch ihre Gehirnaktivität.
Die Forscher stellten auch eine erhöhte Aktivität im visuellen Kortex beider Teilnehmer während dieser Momente der Veränderung fest.
Effektivere Therapie
Es ist unwahrscheinlich, dass andere Fallstudien genau die gleichen Ergebnisse liefern werden, da die Therapie sehr individuell ist. Aber es muss noch mehr Forschung zur Therapeuten-Klienten-Beziehung betrieben werden, bevor die Synchronizität bestätigt werden kann.
Dennoch bezeichnete Prof. Fachner die Studie als „einen Meilenstein in der Musiktherapieforschung“.
„Musiktherapeuten berichten, dass sie während der Therapie emotionale Veränderungen und Verbindungen erleben, und wir konnten dies anhand von Daten aus dem Gehirn bestätigen.“
Prof. Jörg Fachner
Er fügt hinzu, dass die Studie noch weitere Implikationen hat, als nur einen Punkt zu beweisen. Er erklärt: „Indem sie die genauen Punkte hervorhebt, an denen die Sitzungen am besten funktioniert haben, könnte sie besonders nützlich sein bei der Behandlung von Patienten, für die verbale Kommunikation eine Herausforderung ist.“
Die Ergebnisse könnten auch die Musiktherapie effektiver machen, indem sie aufzeigen, wann und wie ein Therapeut eingreifen sollte, um maximale Wirksamkeit zu erzielen.
Und, wie Prof. Fachner anmerkt, können Studien wie diese „[Forschern] helfen, die emotionale Verarbeitung in anderen therapeutischen Interaktionen besser zu verstehen.“
Geschrieben von Lauren Sharkey am 3. August 2019 – Fakten geprüft von Gianna D’Emilio